Dienstag, 26. Nov. 2024 Die 2022 angenommene AHV-Reform hat das Pensionsalter flexibilisiert, die magische Zahl «65» verweist nur noch auf das Referenzalter, bei dem man Anspruch auf das volle Altersguthaben hat. Doch ganz gleich, wann wir die Ruder ins Boot holen, wir müssen dann entscheiden, ob unser angespartes Kapital ausbezahlt oder in eine Rente umgewandelt werden soll. Das gewählte Rentenmodell entscheidet auch darüber, wer im Todesfall mit dem Altersguthaben begünstigt werden kann. Seit Annahme der Reform der 1. Säule «AHV 21» beträgt das Referenzalter für die AHV-Pensionierung für Männer und Frauen 65 Jahre, der effektive Zeitpunkt ist von der Frühpensionierung mit 63 bis zur Verlängerung der Erwerbsarbeit bis 70 wählbar. In welcher Form soll das angesparte Geld aber aus der zweiten und dritten Säule bezogen werden, als Rente oder als Kapital – und wann genau? Die Wette unseres LebensEine Frage muss uns dabei durch den Kopf schiessen: Welches Alter werden wir erreichen? Wüssten wir, dass uns wenig Zeit bleibt, liessen wir uns womöglich gleich alles ausbezahlen, um den Rest unserer Tage in Saus und Braus zu verleben. Könnten wir andererseits dem Teufel ein Schnippchen schlagen, und länger leben als die Versicherung «budgetiert» hat, dann würden wir womöglich mit einer lebenslangen Rente besser fahren. Doch eben: Es bleibt eine Wette, die Wette unseres Lebens – denn es ist eine Wette auf unser Leben.Die grosse Freiheit am StartDas grosse Geld am Start in die ganz grosse Freiheit oder die kleine Freiheit für immer? Mit einem Kapitalbezug bestimmen wir selbst, wie unser Vorsorgevermögen angelegt wird – sowie wann und wie viel davon aufgebraucht werden soll. Die ganz grosse Freiheit eben – solange das Geld reicht. Der Bezug von Kapital drängt sich auf, wenn es für einen bestimmten Zweck wie einen Immobilienkauf oder die Amortisierung einer Hypothek dienen soll. Dabei sollte aber sichergestellt sein, dass nach dem Kapitalverzehr andere Einkommensquellen den Lebensunterhalt finanzieren. Einige Pensionskassen schränken den Kapitalbezug zudem ein. Bevor man also den Lamborghini bestellt, sollte diese Frage geklärt werden.Die kleine Freiheit für immerOder doch lieber die lebenslange, monatliche Rente? Sie bietet Sicherheit und Planbarkeit und senkt damit tendenziell auch den Blutdruck. Wer keinen Gedanken mehr an die Finanzen verschwenden will, für den ist die Umwandlung in eine feste Rente der Königsweg. Die meisten dürften sich bald an diesen Komfort gewöhnen, es läuft ja weiter wie gehabt: monatlich kommt Geld auf das Konto – ausser, dass man nicht mehr dafür arbeiten muss. Störenfriede: Inflation und SteuernAber der Rentenbezug hat nicht nur Vorteile. Einige Pensionskassen passen die Rente beispielsweise nicht an die Inflation an. Steuerlich betrachtet ist der Kapitalbezug ausserdem langfristig besser. Für den Bezug von Vorsorgevermögen wie 3a-, Freizügigkeits- und PK-Kapital kennt die Schweiz eine spezielle Kapitalauszahlungssteuer – derzeit steht in der Politik die Frage im Raum, ob diese Steuer für Entnahmen aus der Pensionskasse oder aus der Säule 3a erhöht werden soll. Diese «Vorsorgesteuer» fällt einmalig beim Bezug an und ist tiefer als die Einkommenssteuer. Da sie aber ebenfalls progressiv ist, sollten Vorsorgevermögen gestaffelt und nicht im gleichen Jahr bezogen werden. Die lebenslange Rente unterliegt dagegen der Einkommenssteuer, und zwar für den Rest des Lebens, denn AHV- und Pensionskassen-Renten zählen zum Einkommen. Aber eben, um zum Anfangsdilemma der Frage aller Fragen zurückzukehren: Wenn wir mit sehr vielen Jahren nach der Pensionierung rechnen, gewinnt eine «ewige» Rente wieder an Attraktivität.Todsicher: die Rente kann nicht vererbt werdenEines ist so sicher wie der Tod: Renten können nicht vererbt werden. Im Todesfall kann nur das noch nicht verzehrte Vermögen eines Kapitalbezugs vererbt werden, bei einer Rentenlösung bleibt das nicht verzehrte PK-Kapital bei der Pensionskasse – ausser, Versicherte legen dies vor der ersten Rentenzahlung anders fest (s. dazu unten das Thema «Rückgewähr). Ausnahmen gibt es zudem für Waisen, Witwen oder Witwer: Der überlebende Ehepartner erhält in der Regel 60 Prozent der Rente.Flexibles Pensionsalter: Frühpension und Aufschub Der im Pensionskassengesetz (BVG) vorgeschriebene Mindest-Umwandlungssatz beträgt zurzeit 6,8 Prozent. Pro 100 000 Franken obligatorisches Altersguthaben ergibt das eine Jahresrente von 6800 Franken. Bei einer Frühpensionierung wird der Umwandlungssatz herabgesetzt, durch spätere Pensionierungkann er erhöht werden, was die Altersrente erhöht.Aufnahme in die PK nach dem ReferenzalterSollten wir uns daran gewöhnen, länger als bis zum Referenzalter von 65 zu arbeiten, könnte dies ein Weg sein, um den Fachkräftemangel zu lindern. Die AHV 21 hat hier bereits vorgespurt und das Pensionsalter flexibilisiert, das Zusammenwirken mit dem BVG muss aber attraktiv ausgestaltet sein. Wer heute nach dem Referenzalter eine Arbeit aufnimmt, bezieht neben dem Lohn meist bereits eine Altersrente, was steuerlich unattraktiv ist. Für die Versicherten wäre es in diesem Fall sinnvoll, sich auch nach dem Referenzalter über die berufliche Vorsorge versichern zu können. Die AHV 21 hat bereits eine Flexibilisierung des Rentenalters eingeführt und damit wichtige Impulse gesetzt. Wir greifen diese Idee auf und prüfen Modelle, die sowohl zusätzliche Vorsorgemöglichkeiten über das Referenzalter hinaus als auch Optionen für einen Wiedereinstieg nach dem Referenzalter ermöglichen. Auch zusätzliche Einkaufsmöglichkeiten könnten dabei berücksichtigt werden.Volle Rückgewähr des Altersguthabens im TodesfallSeit 2023 haben bei der PKG Pensionskasse angeschlossene Unternehmen die Möglichkeit, für aktive Versicherte festzulegen, dass im Todesfall zusätzlich zur Witwen- oder Witwerrente das gesamte Altersguthaben als Todesfallkapital ausgezahlt wird (vollständige Rückgewähr des Altersguthabens). Davor konnten sie nur die bis zum Alter 75 ausstehenden Renten als Todesfallkapital auszahlen lassen (bzw. 40 Prozent davon, wenn eine Partnerrente fällig wurde).Muss die AHV-Abstimmung wiederholt werden?Nachdem ein Rechenfehler des Bundes bei der Berechnung der AHV-Reform bekannt wurde, fordern SP und Grüne eine Wiederholung der Abstimmung. Die Frage, ob die Abstimmung tatsächlich für ungültig erklärt und erneut durchgeführt werden muss, liegt nun beim Bundesgericht. Dieses wird am 12. Dezember ein öffentliches Urteil fällen. Für dieses wichtige Verfahren wird das Gericht eigens durch den Einsatz von zwei zusätzlichen Richterinnen verstärkt, um eine sorgfältige und faire Beurteilung der Umstände zu gewährleisten.